Feb 15, 2023
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Wandler

Verrechnungsmessung in Hoch- & Höchstspannung mit neuen Frequenzklassen nach IEC 61869-1 ED2

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ERZlich Willkommen liebe Freunde der Schutz-, Leit- und Elektrotechnik. In unserem heutigen Fachbeitrag zeigen uns Roland Bürger (Senseleq B.V.) und Dr. Thomas Heid (CONDIS SA) spannende fachliche Einblicke und zukünftige Trends der Messwerterfassung in Hoch- und Höchstspannung.

Viel Spaß beim Lesen, wir übergeben.

Verrechnungsmessung in Hoch- & Höchstspannung mit neuen Frequenzklassen nach IEC 61869-1 ED2

International ist es nicht ganz einfach, den Bereich der Hochspannung genau zu spezifizieren. Die Grenze zwischen Mittel- und Hochspannung liegt je nach örtlichen und historischen Gegebenheiten zwischen 30 kV und 100 kV. In der aktuellen Version der EN 50160 von 2020 sind die Spannungsebenen wie folgt definiert.

Mittelspannung: Spannung, deren Nenn-Effektivwert 1 kV < Un ≤ 36 kV ist

Hochspannung: Spannung, deren Nenn-Effektivwert 36 kV < Un ≤ 150 kV ist

Spannungsebenen über 150 kV werden somit der Höchstspannung zugeordnet. Der Anschluss von Erzeugungsanlagen wie beispielsweise große Windparks, konventionelle Kraftwerke, Industrieparks und einige große Stromverbraucher wie z.B. Aluminiumhütten werden direkt am Hoch- oder Höchstspannungsnetz angeschlossen. Dementsprechend erfolgt hier oftmals auch eine Verrechnungsmessung. In vielen Ländern gibt es genaue Vorschriften, welche Technologien für eine offizielle Verrechnungsmessung zwischen zwei Vertragsparteien eingesetzt werden müssen.

Gesetzliche Randbedingungen für die Verrechnungsmessung in Deutschland

In Deutschland sind generell für die Strommessung induktive Stromwandler gemäß der IEC 61869-1 / -2 vorgesehen, die ein Ausgangssignal von 1 oder 5 A aufweisen müssen1. Für die Spannungsmessung sind induktive Spannungswandler und kapazitive Spannungswandler einzusetzen2.  Der kapazitive Spannungswandler besteht aus einem kapazitiven Teiler, dem Hochspannungskondensator C1 und dem Zwischenspannungskondensator C2. Ein induktiver Zwischenwandler liegt parallel zu C2 und in Reihe mit einer Drosselspule.

Induktiver Spannungswandler Querschnitt
Abbildung 1: Kapazitiver Spannungswandler

Die Kompensationsdrossel wird so dimensioniert, dass sich die Induktivität mit der Kapazität des Teilers in Resonanz befindet. Die zulässigen Ausgangssignale für Spannungswandler sind in den PTB-Prüfregeln für Messwandler geregelt und lauten wie folgt3:

100 V; 110 V; 100/√3 V; 110/√3 V; 2 x 100/√3 V; 2 x 110/√3 V; 200/√3 V; 220/√3 V und 2 x 200/√3 V

Freie Wahl der Messmittel ab Um = 123 kV

In der aktuellen Mess- und Eichverordnung (MessEV)4  findet sich allerdings ein wichtiger Hinweis auf Seite 8 von 76 unter § 5 mit der Überschrift „Vom Anwendungsbereich ausgenommene Verwendung“.

Mess- und Eichverordnung
Abbildung 2: Auszug aus der aktuellen Mess- und Eichverordnung (MessEV)

Die höchste dauernd zulässige Betriebsspannung wird in der IEC 61869-1 mit Um bezeichnet und findet sich auf jedem Leistungsschild eines Spannungswandlers als erster Wert im Bemessungsisolationspegel der Primäranschlüsse für Messwandler.

Typenschild 110 kV Spannungswandler
Abbildung 3: Beispiel eines 110 kV Spannungswandlers

In diesem Fall beträgt die Netz-Nennspannung 110 kV und korreliert gemäß der IEC 60038 mit der höchsten Spannung für Betriebsmittel (Um) 123 kV. Somit können in diesem Beispiel die Messmittel zwischen den Vertragspartnern gemäß der MessEV frei gewählt werden. Die Begründung für dieses Vorgehen seitens der Behörden ist, dass in dem Bereich ab 123 kV bzw. 5 kA Nennstrom die Qualifikation der Vertragspartner in jedem Falle ausreicht, um eine professionelle Verrechnungsmessung zu realisieren. In den Spannungsebenen darunter kann die Mess- und Eichverordnung als Verbraucherschutz interpretiert werden. Die Verordnung stellt sicher, dass der definierte Mindeststandard eingehalten wird, ohne dass die Vertragspartner die Randbedingungen aushandeln müssen.

Aktueller Bestand in Hoch- und Höchstspannungsnetzen

Trotz dieser Freiheit der Vertragsparteien sind in der Mehrzahl der Fälle induktive Spannungswandler für Verrechnungsmessungen im ENTSO-E5  Gebiet verbaut worden. Defekte bei diesen Geräten führen meist zu einem Totalschaden, so dass Ungenauigkeiten in der Messung über einen längeren Zeitpunkt unwahrscheinlich sind. Kapazitive Spannungswandler werden genau aus diesem Grund gemieden, da einzelne Kondensatoren durchschlagen können, ohne dass davon die Betriebssicherheit beeinträchtigt wird. Die Amplituden- und Phasenfehler können sich unbemerkt verschlechtern, so dass die spezifizierte Genauigkeitsklasse nicht mehr eingehalten wird. Dieses Szenario kann für eine Vertragspartei über einen längeren Zeitraum durchaus zu einem größeren finanziellen Schaden führen. Eine technische Besonderheit des kapazitiven Spannungswandlers ist, dass das Gerät bei Nennfrequenz in Resonanz betrieben wird. Die Bandbreite dieser kapazitiven Hochspannungswandler kann daher als sehr gering eingestuft werden. Bereits 2012 wurde in der etz ein Beitrag bzgl. des Frequenzverhaltens von Wandlern veröffentlicht6.  Hier wurden neben induktiven Wandlern auch ein kapazitiver Hochspannungswandler vermessen.

Frequenzgang eines kapazitiven Hochspannungswandlers
Abbildung 4: Frequenzgang eines kapazitiven Hochspannungswandlers

Bereits bei ca. 450 Hz könnte eine Oberschwingungsamplitude mit dem Faktor 2,2 verstärkt werden (siehe Abbildung 4). Bei anderen Geräten sind Amplitudenfehler von ca. -75 % ebenfalls unter 1000 Hz gemessen worden7.

Für induktive Spannungswandler wurde von der internationalen technisch-wissenschaftlichen Organisation Cigré eine Übersicht erstellt, die die verwendbare Bandbreite von induktiven Spannungswandlern allgemein definiert.

Bandbreiten induktiver Spannungswandler
Tabelle 1: CIGRE / CIRED WG C4.112 TECHNICAL BROCHURE 596 – Bandbreiten induktiver Spannungswandler

Hierbei sind sicherlich nicht alle am Markt verfügbaren Auslegungen abgeprüft worden, daher muss mit Ausreißern im positiven, wie auch im negativen Sinne gerechnet werden. Viele Endanwender vertreten die Meinung, dass nach der zugelassenen Bandbreite eine starke Dämpfung der höherfrequenten Anteile erfolgt. Diese Annahme entspricht oftmals nicht der Realität. Die Primärspule bildet grundsätzlich Resonanzstellen aus, die das auf die Sekundärseite transformierte Primärsignal stark dämpfen aber auch verstärken können. Hier sind Amplitudenfehler von 200 bis 400 % möglich8.  Mit den Resonanzstellen können auch Phasenfehler größer 90 ° einhergehen.

Frequenzantwort 10 kV Spannungswandler
Abbildung 5: Frequenzantwort 10 kV Spannungswandler (12/28/75 kV) mit Resonanzstelle bei ca. 6 kHz

Generell gilt bei induktiven Spannungswandlern, je höher die Spannungsebene, desto näher rückt die erste Resonanzstelle an die Nennfrequenz heran. Aus diesem Grund ist eine Messung von Oberschwingungen im Höchstspannungsnetz von der 2. bis zur 7. nicht mehr gesichert.

Wandlerzähler und Spannungswandler

Während hier vornehmlich Probleme bei der Messung der Spannungsqualität gesehen werden, ergeben sich für die Verrechnungsmessung ebenfalls Probleme. Denn aktuelle Energiezähler haben in vielen Fällen eine größere analoge Bandbreite als der Spannungswandler. Das bedeutet, dass Oberschwingungen jenseits der Nennfrequenz zum Teil deutlich verzerrt an den Zähler weitergereicht werden. Durch den kapazitiven Wandler aus Abbildung 4 wird beispielsweise eine Amplitude von 5 % der Nennspannung bei 350 Hz mit dem Faktor 1,6 verstärkt und mit ca. -20° in der Phase verschoben. Das verzerrte Signal in blau ist im folgenden Diagramm dargestellt.

Primärsignal mit Amplitude von 5 %
Abbildung 6: Primärsignal mit Amplitude von 5 % | 350 Hz ohne & mit Verzerrung gem. Frequenzgang in Abbildung 4

Das Spannungssignal wird anschließend im Zähler mit einer entsprechenden Abtastrate digitalisiert. Derzeitige Wandlerzähler wie der LZQJ-XC besitzen eine Abtastrate von 3,2 kHz. Aussagen hinsichtlich der analogen Bandreite finden sich im Datenblatt leider nicht9.  Somit ist davon auszugehen, dass Amplituden bei noch höheren Frequenzen grundsätzlich in die Wirkleistungsberechnung mit einfließen.

Über Oberschwingungen kann auch Wirkleistung generiert werden, welche mit den genannten Spannungswandlern somit nur mit großen Ungenauigkeiten gemessen werden kann. Folgendes Beispiel soll diesen Zusammenhang verdeutlichen.

Leistung einer Windenergieanlage

Gemäß dem internationalen Standard für Windenergieanlagen IEC 61400-2110  wird der Windenergieanlage ein THDU und ein THDI von maximal 5 % bis 2,5 kHz zugestanden. Das bedeutet, dass eine mit 5 MW spezifizierte Windenergieanlage nur eine Wirkleistung von 4,5125 MW bei Nennfrequenz aufweisen muss.

(0,95 × U) × (0,95 × I) = 0,9025 × P = 4,5125 MW

Die Differenz von 0,4875 MW kann demnach auch bei höheren Frequenzen bis 2,5 kHz bereitgestellt werden. Eine Messung am Hochspannungsverknüpfungspunkt mit kapazitiven bzw. induktiven Spannungswandlern könnte somit zu stark verzerrten Leistungsmesswerten bei höher frequenten Anteilen führen. Für die folgende Beispielrechnung wird angenommen, dass die komplette Verzerrungswirkleistung auf der 7. Oberschwingung bereitgestellt wird. In der nachfolgenden Tabelle sind zwei Szenarien dargestellt. Im ersten Szenario beträgt die prozentuale Abweichung, wie in Abbildung 4 dargestellt, bei 350 Hz +60 Prozent. Im zweiten Szenario wird eine starke Dämpfung von -75 Prozent angenommen, was ebenfalls realistisch wäre. Der Phasenfehler findet in beiden Fällen keine Berücksichtigung.

Messung der Wirkleistung bei 350 Hz
Tabelle 2: Unterschiedliche Szenarien bei der Messung der Wirkleistung bei 350 Hz

Auch wenn die Annahme, dass die gesamte Leistung von 0,4875 MW auf der 7. Oberschwingung bereitgestellt wird, nicht der Realität entspricht, zeigt das Beispiel doch, dass eine größere analoge Bandbreite der Spannungswandler zumindest für eine Vertragspartei wünschenswert wäre.

Normungstendenzen bezüglich des Frequenzverhaltens in der IEC 61869-1

Durch die zunehmende Bedeutung von Oberschwingungen bei verschiedensten Messapplikationen werden im bereits angenommenen endgültigen Entwurf (AFDIS) der IEC 61869-1 Genauigkeitswerte für unterschiedliche Frequenzbereiche aufgeführt. Es sollen für die bekannten Genauigkeitsklassen fünf Erweiterungsstufen für die Messung von Oberschwingungen gelten. Diese werden mit WB0 bis WB4 bezeichnet. Die Erweiterung WB0 ist als unterste Stufe zu interpretieren und lediglich bis zur 13. Harmonischen definiert. Sie ist für Sensoren (LPITs) und SAMUs verbindlich vorgeschrieben. Dementsprechend sind die definierten Genauigkeiten nicht sehr restriktiv.

Spannungswandler Genauigkeitsklassen
Abbildung 7: Klasse WB0 ab Nennfrequenz für bekannte Genauigkeitsklassen

Der hier angesprochene Wandlerzähler LZQJ-XC besitzt aber eine größere analoge Bandbreite und eine Abtastrate von 3,2 kHz. Dies bedeutet, dass bezüglich einer seriösen Wirkleistungsmessung Genauigkeiten bis mindestens 5 kHz angeraten sind, denn die energiereichen Taktfrequenzen von Windenergieanlagen befinden sich üblicherweise zwischen 2 und 4 kHz. In der Typenprüfung der Windenergieanlage wird die Leistungsmessung in der Regel auf der Niederspannungsseite vorgenommen. Die eingesetzten Fluxgate-Stromwandler für Laboranwendungen liefern hochgenaue Messwerte bis mindestens 5 kHz11.

Neben der Klasse WB0 sind die Klassen WB1 bis WB4 für Messwandler aktuell folgendermaßen definiert.

Übersicht Klassen WB1 bis WB4 gemäß IEC 61869-1
Abbildung 8: Übersicht Klassen WB1 bis WB4 gemäß IEC 61869-1 ED2 (AFDIS)

Soll die Leistungsbestimmung im Anschlusspunkt ebenfalls verzerrungsfrei bis 5 kHz erfolgen, reicht die Klasse WB1 nicht aus. Diese ist lediglich bis 3 kHz definiert. Die Klasse WB2 ist bis 20 kHz definiert und sicherlich eine gute Wahl. Hinsichtlich der Bandbreite wird deutlich, dass induktive oder kapazitive Spannungswandler in keinem Fall mehr für eine Leistungsmessung herangezogen werden sollten, auch wenn nur kleine Amplituden bei höheren Frequenzen zu erwarten sind. Ansonsten müsste der Zählerhersteller die analoge Bandbreite für die Wirkleistungsberechnung auf nahezu Nennfrequenz begrenzen.

Zukünftig soll der Kunde bei der Wandlerbestellung optional die Genauigkeitsklassen für Oberschwingungen gemäß der oben abgebildeten Tabelle angeben können. Beispielsweise würde sich dann folgende Angabe ergeben:

Genauigkeitsklasse 0.2-WB2

Technologiewechsel in der Spannungsmessung

Es kann konstatiert werden, dass ein Technologiewechsel im Bereich der Spannungsmessung ab 123 kV erfolgen muss, wenn die Leistungsmessgeräte weiterhin eine größere analoge Bandbreite als die eingesetzten Spannungswandler aufweisen. Der Schweizer Hersteller von Hochspannungsequipment CONDIS SA hat auf den Bedarf von breitbandigen Spannungswandlern reagiert und bietet CR-Teiler für den Spannungsbereich von 123 kV an. Der Einsatz dieser Sensoren in der Verrechnungsmessung ist in Deutschland und in vielen anderen Ländern aufgrund der geltenden Vorschriften als zulässig zu bewerten.

Durch das Funktionsprinzip handelt es sich im Gegensatz zu den traditionell eingesetzten Geräten um einen Low Power Instrument Transformer (LPIT), der nicht die sonst üblichen Leistungen auf der Sekundärseite bereitstellen kann. Dieser Umstand sollte aber kein Hindernis darstellen. Wie bei herkömmlichen Geräten, wird auf der Sekundärseite ebenfalls ein Signal von 100/√3 Volt bereitgestellt. Bei der Auswahl des Wandlerzählers muss darauf geachtet werden, dass die elektrische Versorgung durch ein separates Netzteil erfolgt und nicht über die Spannungsmesskanäle vorgesehen ist. Weiterhin muss der Zählerhersteller die genaue Eingangsimpedanz des Zählers für die Spannungskanäle angeben. Im Falle des LZQJ-XC ergeben sich hier 880,680 kOhm. Grundsätzlich ist es auch möglich, Messgeräte parallel zu betreiben. Hierbei muss lediglich die Gesamtimpedanz errechnet werden. Ein Wert über 250 kOhm gilt allgemein als machbar.

Gesamtimpedanz
Abbildung 9: Bestimmung Gesamtimpedanz bei zwei angeschlossenen Messgeräten

Darüber hinaus muss die Kabellänge des Sensors zu den Messgeräten genau spezifiziert werden, da die Impedanz des Kabels bei der Feinabstimmung des Hochspannungsteilers berücksichtigt wird. Neben Zähleinrichtungen können so auch Power Quality Analysatoren parallel an einem Sensor betrieben werden.

CR-Teiler der CONDIS SA mit Frequenzantwort bis 1 MHz
Abbildung 10: CR-Teiler der CONDIS SA mit Frequenzantwort bis 1 MHz. In Rot: erlaubte Fehler gem. cl. 0.5 – WB4

Während der obige CR-Teiler nur für Power Quality Messungen eingesetzt wird, sind für einen Verrechnungswandler mit Um=123 kV Klasse 0,1 in Kombination mit der Frequenzklasse WB2 realisiert worden.

Frequenzgang CR-Teiler von CONDIS SA bis 30 kHz
Abbildung 11: Frequenzgang CR-Teiler von CONDIS SA bis 30 kHz. In Rot: erlaubte Fehler gem. cl. 0.1 – WB2

Stromwandler

Wie die Messtechnik für die Spannungsmessung mit Um ≥ 123 kV, ist auch die Technologie für die Strommessung frei wählbar. Dies gilt auch, wenn ein auf Niederspannung isolierter Stromwandler an den Durchführungen der Schaltanlage bzw. des Leistungstransformers installiert wird. Für diese Feststellung gibt es zwei Begründungen:

1. Der Stromwandler mit der Isolationskoordination (0,72 / 3 / - kV) ist lediglich das Sekundärteil eines Messtransformators. Der komplette Messtransformator befindet sich in einem System mit Um ≥ 123 kV.

2. Die Primärseite des Messtransformators (hier die Durchführung) ist ebenfalls für die Isolationskoordination mit Um ≥ 123 kV spezifiziert.

Auch hier wurden in der Vergangenheit die in den PTB-Prüfregeln beschriebenen induktiven Stromwandler eingesetzt. Die sekundären Nennstromstärken sind mit 1 und 5 A festgelegt. Dementsprechend sind viele Wandlerzähler mit 1 oder 5 A Strommesseingängen ausgestattet. Würde auch hier die Klasse WB2 bis 20 kHz gewählt, sollte darauf geachtet werden, dass der Hersteller bei der Frequenzmessung das Verbindungskabel zur Zähleinrichtung bei der Angabe der Klasse WB2 mitberücksichtigt. Nicht selten kommen einfache Weglängen von 100 bis 300 m zusammen. Bei höheren Frequenzen können die Induktivitäten und Kapazitäten des Kabels die Genauigkeit negativ beeinflussen.

Während in der Literatur Stromwandlern ein deutlich besseres Frequenzverhalten als Spannungswandlern attestiert wird, kann durch Schalthandlungen der Eisenkern eine Restmagnetisierung aufweisen. Der Grund dafür ist, dass der Strom im Nulldurchgang abgeschaltet wird. Die magnetische Flussdichte ist in diesem Punkt durch die 90°-Verschiebung genau im Maximum. Gerade bei hartmagnetischen Kernmaterialien ohne nachfolgende Aussteuerung mit dem kompletten Nennstrom und voller Bürdenleistung wird die Hysteresekurve nicht immer in den Ausgangspunkt zurückgefahren12.  Der Stromwandler verharrt in einem nicht vorgesehenen und abgeprüften magnetischen Arbeitsbereich13.

Entmagnetisierungsvorgang eines Stromwandlers
Abbildung 12: Entmagnetisierungsvorgang eines Stromwandlers mit hartmagnetischem Kernmaterial

Aber auch parasitäre Gleichströme wie beispielsweise GICs können den magnetischen Arbeitspunkt von Stromwandlern verschieben. Die Universität Stuttgart hat nachgewiesen, dass bei einem untersuchten Wandler mit der Messklasse 0,2S die Genauigkeitsklasse bereits bei 100 mA DC verlassen wurde.14

Die Firma Senseleq ist ein Joint-Venture des niederländischen Wandlerherstellers Eleq und des dänischen Anbieters von hochpräzisen Laborstromwandlern Danisense. Diese Stromwandler beruhen auf dem Fluxgate-Prinzip und werden unter anderem in Testlaboren von Windenergieanlagenherstellern eingesetzt. Diese Präzisionssensoren können in den traditionellen Bauformen auch für Netzapplikationen geliefert werden und stellen eine Strommessung von DC bis in den zweistelligen kHz-Bereich im Hochspannungsnetz sicher. Neben der Leistungsmessung können so auch die in vielen nationalen Anschlussnormen geforderten Oberschwingungsmessungen realisiert werden.15

Fluxgate Stromwandler an der Schaltanlage HYpact von GE
Abbildung 13: Fluxgate Stromwandler an der Schaltanlage HYpact von GE

Unter anderem beträgt das Ausgangssignal des Fluxgate-Stromwandlers bei Nennstrom 1 A und kann daher mit den am Markt existierenden Wandlerzählern eingesetzt werden. Auch bei kleineren Primärströmen sind keine größeren Ungenauigkeiten in der Amplitude oder der Phasenlage zu erwarten.

Amplituden- und Phasenfehler Fluxgate Stromwandler
Abbildung 14: Amplituden- und Phasenfehler Fluxgate Stromwandler mit Übersetzungsverhältnis 2500/1 A

Neben der hohen Genauigkeit bei Netznennfrequenz können gleichzeitig in dem obigen Projekt Oberschwingungsströme bis 50 kHz analysiert werden. Dazu wird ein PQ-Analysator von der Neo Messtechnik GmbH eingesetzt, der eine Abtastrate von 1 MS/s aufweist. Die Lupenfunktion bei der FFT-Analyse kann sogar GICs im Bereich von 0 bis 1 Hz sichtbar machen.16

Zusammenfassung

Der aktuelle Normvorschlag bezüglich definierter Bandbreiten für die bekannten Genauigkeitsklassen von Messwandlern ist grundsätzlich zu begrüßen. Leider wird in dem Normvorschlag hinsichtlich der definierten Genauigkeitsklassen für höherfrequente Anteile nur der Bezug zu PQ-Messungen und Schutzanwendungen im Bereich Wanderwellen hergestellt. Definierte Bandbreiten sollten auch bei der Leistungs- bzw. Verrechnungsmessung zukünftig mit betrachtet werden. Es ist davon auszugehen, dass es in den nächsten Jahren zu einem Technologiewandel hin zu breitbandigen Sensoren bezüglich der Spannungsmessung kommen muss. Fluxgate Stromwandler können ebenfalls alle zukünftigen Messanforderungen bei der Strommessung erfüllen und speziell in der Verrechnungsmessung deutlich bessere Genauigkeiten garantieren als herkömmliche Stromwandler. Eine Verzögerung des Technologiewechsels durch die zuständigen Behörden ist bei Um ≥ 123 kV aufgrund der aktuellen MessEV in Deutschland nicht zu erwarten. Auch in europäischen Nachbarländern sind z.T. Verrechnungsmessungen im Hochspannungsnetz bereits mit neuartiger Messsensorik realisiert worden.

Autoren:

Roland Bürger (Senseleq B.V.): roland.buerger@senseleq.com

Dr. Thomas Heid (CONDIS SA): theid@condis.ch

Quellen:

1 PTB: Checkliste für Konformitätsbewertungsverfahren für Messwandler

2 PTB-Anforderungen: Messgeräte für Elektrizität – Messwandler für Elektrizitätszähler (PTB-A 20.2)

3 PTB-Prüfregeln, Band 12. ISSN 0341-7964

4 Verordnung über das Inverkehrbringen und die Bereitstellung von Messgeräten auf dem Markt sowie über ihre Verwendung und Eichung (Mess- und Eichverordnung - MessEV)

5 European Network of Transmission System Operators for Electricity (ENTSO-E)

6 etz Heft 6/2012: Components & Periphery – Frequency Response of Instrument Transformers in the kHz range

7 TRENCH CVT

8 https://powerquality.blog/2020/11/24/accuracy-of-harmonic-voltage-measurements-in-the-frequency-range-up-to-5khz-using-conventional-instrument-transformers/

9 https://emh-metering.com/wp-content/uploads/2021/06/LZQJXC-DAB-E-3.35_web.pdf

10 IEC 61400-21 Wind turbines – Part 21: Measurement and assessment of power quality characteristics of grid connected wind turbines

11 Danisense DR5000IM

12 O.W. Iwanusiw: Effect of Remanence on Metering Accuracy of 230-kV Current Transfomers, Ontario Hydro Research Quarterly, 2nd and 3rd quarter, 1976, pp. 11-13

13 IEC 61869-6:2016 page 62

14 VDE-Hochspannungstechnik 2018, 12.-14.11.2018 in Berlin: Beeinflussung von induktiven Stromwandlern in Hoch- und Höchstspannungsnetzen durch parasitäre Gleichströme

15 Technische Anschlussregel Höchstspannung (VDE-AR-N 4130):2018 – 5.4.4 Harmonische, Zwischenharmonische und höherfrequente Emission

16 PQA 8000

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