ERZlich Willkommen liebe Freunde, der Schutz-, Leit- und Elektrotechnik. Warum ist es unter Umständen nicht möglich, die Stromflussrichtung eines Stromwandlersatzes in der Parametrierung eines Siemens Siprotec Schutzrelais zu ändern? In unserem heutigen Beitrag zeigen wir Euch eine spannende Übungsaufgabe, mit Aufgabenstellung, Lösungsweg und dem überraschenden Ergebnis. Am Ende des Beitrags zeige ich Euch zudem, warum man die sekundäre Stromflussrichtung eines Stromwandlersatzes nicht ändern kann, indem man den Anschluss der Erde auf die andere Seite legt.
viel Spaß beim Sehen und HERZliche Grüsse,
Euer SCHUTZTECHNIK-TEAM
Lesebeitrag unterm Video!
Aufgabenstellung
Die Ausgangslage für unsere Aufgabenstellung ist heute wie folgt: Ein SIPROTEC Schutzgerät kann durch Änderung eines Parameters die Polarität seiner angeschlossenen Stromwandler ändern. Es gibt die Möglichkeit, zwischen den beiden Einstellungen «Standardanschluss» oder «nicht Standardanschluss» zu wählen. Wir möchten heute im Rahmen unserer Übung herausfinden, welche Einstellung für eine vorliegende Konfiguration zu wählen ist.
Gegeben ist das Feldschema unserer Anlage und das Handbuch des Relaisherstellers. Schauen wir uns hier im Bild zunächst in das Handbuch des Herstellers rein, um zu sehen, wie die Stromwandler gemäß Standardschema richtig angeschlossen werden sollen.
Zur Lösung
Hier ist schön zu sehen, dass man im Standardschema des Herstellers davon ausgeht, dass die primäre Einbaulage mit P2 in Richtung Sammelschiene und mit P1 in Richtung Leitung zeigt. Über die Zeigermethode können wir nun die Stromflussrichtung für den gesamten Sekundärkreis einzeichnen.
Wenn der Strom primär von P2 nach P1 fließt, so muss er sekundär bei S2 heraus und in Richtung S1 fließen. Geerdet wird gemäß Standardschema einheitlich auf der Seite 1.
Ausgehend von dieser Vorgabe des Herstellers schauen wir uns jetzt das Feldschema der Primäranlage an und überprüfen zunächst die primäre Einbaulage der Stromwandler.
Das Feldschema zeigt, dass die primäre Einbaulage der Stromwandler unserer Anlage so ausgeführt wurde, dass der Primäranschluss P1 in Richtung Sammelschiene zeigt und P2 in Richtung Leitung. Wir haben also primärseitig eine abweichende Einbaulage zwischen unserer Anlage und dem Standardschema des Herstellers.
Jetzt soll die Frage unserer Übung lauten: Wie wird jetzt der Richtungsparameter, also «Standardanschluss» oder «nicht Standardanschluss» richtig eingestellt? Müssen wir «Standardanschluss» wählen oder ist es hier richtig, die Option «nicht Standardanschluss» einzustellen?
Um diese Frage beantworten zu können, schauen wir uns nun im Stromlaufplan den detaillierten Anschluss der Stromwandler an die Schutzgeräte unserer Anlage an und beginnen mit den Leiter-Stromwandlern.
Auch hier müssen wir jetzt wieder unsere Zeigermethode anwenden und die primären und sekundären Stromflussrichtungen in die Zeichnung eintragen. Dabei setzen wir die gleiche primäre Stromflussrichtung voraus, die auch im Handbuch des Relaisherstellers verwendet wird, also von der Sammelschiene in Richtung Leitung.
Vergleichen wir jetzt unser Ergebnis mit dem Standardschema aus dem Handbuch, dann stellen wir fest, dass unser sekundärer Stromfluss eine abweichende Stromflussrichtung hat.
Es ist hier schön zu erkennen, dass der Strom beispielsweise in unserer Anlage an der Klemme A2 in das Relais hineinfließt und bei der Klemme A1 wieder hinaufließt. Im Standardschema des Handbuches hingegen ist es umgekehrt. Wir müssen also für die Leiter-Stromwandler aufgrund der unterschiedlichen Einbaulage der Wandler die Einstellung „nicht Standardanschluss“ wählen.
Wir sind nun fertig und schauen uns nur noch der Vollständigkeit halber den Kabel-Umbauwandler für die Nullstromerfassung an. Auch an dieser Stelle zeichnen wir wieder unsere Stromflussrichtungen in das Feldschema ein und vergleichen mit dem Standardschema aus dem Handbuch.
Zu unserer Überraschung stellen wir jetzt fest, dass der Strom des Kabelumbauwandlers jeweils bei A8 rein und bei A7 wieder herausfließt. Damit haben wir hier die gleiche Stromflussrichtung vorliegen und wir müssen die Einstellung auf „Standardanschluss“ belassen.
Das heißt also, wir müssen für die Umbauwandler eine andere Einstellung als für die Leiter-Stromwandler wählen. Bei dem Versuch diese Einstellung vorzunehmen, hat es nun schon einige Spezialisten in der Raum-Zeit-Krümmung eingeklemmt und nur, wer das Handbuch des Relais etwas genauer studiert, wird eines Tages auf folgenden kleinen Hinweis stoßen:
„Die Umschaltung der Strompolarität vom Stromwandler 3-phasig bewirkt auch eine Drehung der Stromrichtung des Stromeinganges I4“
Das heißt also, wir können die Stromrichtung nur für Leier- und Erdstrompfad gleichzeitig ändern; eine individuelle Vorgabe ist nicht möglich. Was bleibt jetzt final als einzige Lösung des Problems? Wir kommen in unserem vorliegenden Fall und bei der bestehenden Anlagenkonfiguration nicht herum, die Verdrahtung zu ändern. Entweder drehen wir den Anschluss am Kabelumbauwandler und stellen den Parameter auf „nicht Standardanschluss“ oder wir drehen die Leiter-Stromwandler und belassen die Einstellung auf „Standardanschluss“.
Fazit
Wir konnten also an diesem Beispiel elegant beobachten, warum es unter Umständen nicht möglich ist, die Stromflussrichtung eines Stromwandlersatzes in der Parametrierung eines Siemens Siprotec Schutzrelais zu ändern, um die Stromflussrichtung anzupassen. Wer das weiß, kann bereits in der Planungsphase darauf achten und späteren Ärger vermeiden. Außerdem konntet ihr an unserem Beispiel schön beobachten, wie sich eine systematische Vorgehensweise bezahlt macht und wie die strikte Einhaltung der Zeigermethode immer sicher zum Ziel führt.
Zugabe
Zum Schluss hatte ich Euch noch versprochen, auf die Erdung des Wandlers einzugehen. Es existiert nach wie vor die irrige Annahme, man könne von der Seite der Erdung auf die Stromflussrichtung schließen. Dazu schauen wir uns noch kurz unseren Umbauwandler an, da man hier das Phänomen am schönsten beobachten kann. Wir haben hier wieder unsere Stromflussrichtung mit der Zeigermethode eingezeichnet. Geerdet ist der Wandler derzeit an der sekundären Klemme S1.
Was passiert nun mit unserem Stromfluss, wenn wir die Erde aus der sekundären Seite S1 entfernen und auf die Klemme von S2 legen?
Richtig, gar nichts. Der Strom fließt weiter bei A8 rein und bei A7 wieder raus.