erzlich Willkommen liebe Freunde der Schutz- und Leittechnik. In unserem neuen zweiteiligen Beitrag zeigen wir Euch, worauf es bei der Auslegung von Schutzschaltern für Spannungswandlerkreise wirklich ankommt. In unserem heutigen ersten Teil geben wir euch eine Projektierungshilfe zur Auswahl der richtigen Größe an die Hand.
Einleitung
Wir alle wissen, dass ein Spannungswandler eine „Spannungsquelle“ ist welche mit einer Sicherung vor Kurzschluss, und damit auch vor Thermischer Überlastung geschützt werden muss. Dazu werden meistens Motorschutzschalter genutzt, aber auch Leitungsschutzschalter mit geringen Nennströmen können eingesetzt werden. Im Bereich der Niederspannung werden kaum Spannungswandler zur Realisierung von Schutzfunktionen verwendet. Daher kann man bei diesen Anlagen nicht viel falsch machen. Sobald aber Schutzfunktionen mit spannungsabhängiger Anregung verwendet werden, kommt dem Schutz der verwendeten Spannungswandler eine hohe Bedeutung zu. Dies gilt in besonderer Weise für den Distanzschutz. Da der Distanzschutz bei Ausfall der Messspannung eine falsche Impedanz ermittelt, welche zum Teil auch in einer unverzögerten Auslösung resultieren kann, ist hier besondere Vorsicht geboten. Um die Schutzfunktion sicher zu blockieren werden traditionell die Hilfskontakte des Schutzschalters verwendet. Bei einem Kurzschluss im Sekundärkreis, soll der Schutzschalter über seinen schnellen elektromagnetischen Auslöser den Fehler klären und die Auslösung über den Hilfskontakt melden. Dadurch werden Distanzschutz oder auch andere Schutzfunktionen mit Spannungskriterium blockiert.
Die Auswahl
Wichtig bei der Auswahl des Spannungswandler-Schutzschalters ist der Auslösestrom. Dabei sollen auch weit entfernte Fehler zur sicheren Auslösung führen. Daher ist die Leitungslänge bis zum Schutzgerät von entscheidender Bedeutung. Bei 110-kV-Umspannwerken mit zentralen Schutzräumen im Schalthaus oder auch in Kraftwerks- und Industrieanlagen können hier sehr schnell große Entfernungen und damit auch hohe Leitungswiderstände erreicht werden. Wie bei jeder anderen Anlage ist auch hier die Schleifenimpendanz für die Höhe des Kurzschlussstromes ausschlaggebend. In normalen Niederspannungsanlagen würde man als Praktiker einfach Vor-Ort ein entsprechendes Messgerät verwenden und so die Impedanz der Schleife und den Kurzschlussstrom ermitteln. Für Schutzschalter in den sekundären Kreisen von Spannungswandlern ist dies keine praktische Lösung. Zum einen ist die Messung hier nicht ganz so trivial und zum anderen ist es wichtig, nicht erst während der Inbetriebsetzung festzustellen, dass der eingesetzte Schutzschalter ungeeignet ist. Der Planer einer neuen Anlage muss also den minimalen Sekundär-Kurzschlussstrom ermitteln und auf dessen Basis einen passenden Schutzschaler auswählen.
Der minimale Kurzschlussstrom
Mit Hilfe eines Berechnungsprogrammes lässt sich der ungefähre Kurzschlussstrom abschätzen. Leider nur in grober Näherung da der Hersteller des Wandlers in den meisten Fällen keine Angaben über die minimal zu erwartende Kurzschlussperformance des Wandlers macht. Der minimale Kurzschlussstrom wird zudem hauptsächlich durch den Leitungswiderstand beeinflusst. Eine praktische Möglichkeit gibt es jedoch um die Kurzschlussleistung zu ermitteln. Analog der Kurzschlussfahrt an einem Transformator, kann der Spannungswandler primär erregt werden bis der sekundärseitige Nennstrom eintritt. Die eintretende Spannung entspricht der Kurzschlussspannung und kann nun für die folgende Berechnung angesetzt werden.
In der nachstehenden Tabelle / Kurvenschar haben wir eine Übersicht für typische Hochspannungswandler mit Kupferleiterverdrahtung berechnet. Die Tabelle zeigt den Anfangs-Kurzschlusswechselstrom Ik1p“ in Abhängigkeit der Leitungslänge und des Leitungsquerschnittes.
Welche Leiterquerschnitte zum Einsatz kommen, ist oft bereits durch Vorgaben des Betreibers festgelegt. Aus unserer persönlichen Erfahrung sind uns hier Festlegungen im Bereich von 1,5 bis 6,0 mm² geläufig. Um nun eine sichere Auslegung des Schutzschalters zu projektieren, sollte der erforderliche Strom für eine Kurzzeitauslösung höchstens 50 % des ermittelten minimalen Kurzschlussstromes betragen.
Beispiel
Der Netzbetreiber eines 110-kV-Umspannwerks hat als Leitungsquerschnitt 2,5 mm² Kupferleitung vom Typ NYY festgelegt. Zwischen dem neu zu errichtenden Leitungsfeld und dem vorhandenen Schaltanlagengebäude liegen etwa 70 m. Aufgrund der Kabelführung beträgt die Kabellänge aber etwa 100 m. Laut unserer obigen Berechnung wird ein Fehler direkt am Schutzgerät einen minimalen Kurzschlussstrom von ca. 34 A verursachen. Da der Kurzschlussstrom aber auch noch durch Übergangswiderstände an nicht optimalen Klemmstellen und vor allem auch durch den Fehlerwiderstand weiter reduziert wird, halbieren wir diesen Wert noch einmal und erhalten 17 A.
Der Hersteller Siemens hat drei spezielle Schutzschalter für Spannungswandler im Angebot. Das Datenblatt weißt unter anderem den Ansprechwert des unverzögerten elektromagnetischnen Überstromauslösers aus.
Zur Auswahl stehen:
🌐 6 A ± 20 %
🌐 10,5 A ± 20 %
🌐 20 A ± 20 %.
Der Schutzschalter mit 10,5 A ± 20 % wäre also für unsere Anlage die richtige Wahl. Bei dem von uns berechneten Wert von 17 A, würde dieser in etwa innerhalb von 8 ms auslösen. Der Schutzschalter ist zudem für einen Nennstrom von 2,5 A ausgelegt.
Im Zweifelsfall empfehlen wir Euch immer den kleinsten Schutzschalter einzusetzen. Hier besteht kein großes Risiko, da der sekundäre Betriebsstrom des Spannungswandlers, in den meisten Fällen, nur einige Milliampere beträgt. Typische Ausnahmen sind zum Beispiel analoge Zeigerinstrumente und Synchronoskopen. Hier muss noch einmal genauer hingesehen werden. Ansonsten gilt wie immer: Prüfen, prüfen und nochmals prüfen. So sollte es im Rahmen der Inbetriebsetzung nicht versäumt werden, am entferntesten Punkt des Spannungsmesskreises einen kurzeitigen Kurzschluss einzuleiten und die korrekte Auslösung des Automaten zu kontrollieren.
Im zweiten Teil unseres Beitrags widmen wir uns einer intensiven Betrachtung bezüglich der Hilfskontakte der Automaten. Auch hier gibt es einige wichtige Dinge zu berücksichtigen.
HERZliche Grüße Alex