erzlich Willkommen liebe Freunde der Schutz- und Leittechnik. In der letzten Woche fand die all jährliche „Hannover Messe“ statt. Neben dem Schwerpunkt "Industrie 4.0" gibt es jeden Menge Neuerungen im Bereich der Energieversorgung. Herstellerseitig ging es diesmal rund. Mit von der Partie waren zum Beispiel Hersteller wie Woodward, Omicron, Schneider Electric, ABB, Sprecher Automation, Wago, Phoenix Contact, Weidmüller, Bender, Dold, EAW und Siemens um nur einige zu nennen. Wir haben die Gelegenheit genutzt, um uns vor Ort über die Neuerungen im Bereich der Schutztechnik zu informieren. Im folgenden haben wir unsere Highlights für Euch zusammengestellt.
Sprecher Automation
Nach einem gefühlten Halbmarathon durch die Hallen der Automatisierungstechnik entdeckten wir den Messestand der Firma Sprecher Automation. Auf den ersten Blick konnten wir keine Neuerungen entdecken. Aber wie so oft im Leben lohnt sich auch ein zweiter Blick und ein Gespräch. Sprecher präsentierte uns Ihr Leitungsdifferenzialschutzgerät SPRECON-E-P welches über eine ethernet-basierte Wirkverbindung kommuniziert. Dadurch wird zunehmend die wirtschaftlich sinnvolle Integration von vorhandener und hochverfügbarer Kommunikationsinfrastruktur für die Wirkschnittstelle des Leitungsdifferentialschutzes genutzt. Ein spezieller Algorithmus sorgt für die korrekte Synchronisation der Zeiten und gleicht so die Latenzen des Netzwerkes aus.
In einem Langzeit-Praxistest mit 14 Routern und einer Entfernung von über 300 km, sowie einem IP Netzwerk mit realer Auslastung, wurde die notwendige Synchronisationsgenauigkeit von 10 µs in jedem Testfall eingehalten. Diese technischen Möglichkeiten sind keine große Neuigkeit mehr und sollten weitestgehend bekannt sein.
Neu ist allerdings die Möglichkeit zur Schutzprüfung dieser Leitungsdifferentialschutzfunktion mit zwei Omicron CMC Prüfeinrichtungen ohne zusätzliches GPS. Zudem ist es nicht notwendig, dass an beiden Leitungsenden ein Prüfer die jeweilige Omicron CMC Prüfeinrichtung überwacht. So kann mit minimalem Aufwand auch in Anlagen geprüft werden bei denen kein GPS-Empfang möglich ist. Wie genau der Workaround abläuft werden wir in einem weiteren Beitrag vorstellen.
Siemens
Den nächsten Stand konnte man einfach nicht übersehen. Trotz der Größe beschränkte sich der schutztechnische Part leider mehr oder weniger auf zwei kleine Computer-Terminals. Dennoch gab es auch hier einige Interessante Neuerungen. Bereits vor ein paar Wochen stellte Siemens den neuen SIPROTEC DigitalTwin vor.
Was ist SIPROTEC DigitalTwin?
Eine cloudbasierte Lösung zum Simulieren von Schutzgeräten. Fertige DIGSI Parameterdateien von bis zu 5 Geräten werden exportiert und in die Cloud geladen. Im Anschluss lassen sich dann Ein- und Ausgangssignale simulieren, Analogmesswerte vorgeben und Kommunikationsverbindungen wie zum Beispiel IEC61850 und GOOSE oder selbst erstellte Logikfunktionen testen. Mittels VPN Tunnel ist es auch möglich auf das Webinterface des DigitalTwin zuzugreifen oder Störschriebe über die normale Digsi-Software herunterzuladen. Damit steht für die Fehlersuche oder für Schulungszwecke ein gelungenes Hilfsmittel bereit.
Wie geht es mit DIGSI V5 weiter?
Viele von euch sind gerade bei den DIGSI V5 Geräten immer wieder gespannt darauf, was die nächste Version für neue Funktionen mit sich bringt. Die letzte Version 7.8 erschien Ende Juni 2018 was heißt, dass Siemens etwas hinter seinem Plan liegt. Daher haben wir an diesem Punkt gleich einmal nachgehakt.
Die Version 7.9 wird wahrscheinlich im Mai oder im Juni veröffentlicht werden. Im August oder September ist dann aber auch schon die 8.0 am Start. Wichtige Neuerungen sind dann vor allem zwei neue Schutzgeräte. Das kostengünstige 7SJ81 und der schon lang erwartete dezentrale Sammelschienenschutz. Wir sind gespannt.
Phoenix Contact
Auch Phoenix Contact war mit einem sehr großen Messestand vertreten. Hier konnten wir die bereits auf SCHUTZTECHNIK.COM vorgestellte Prüfsteckleiste FAME in Live und in Farbe bewundern und erhielten weitere Infos über die Ende Mai 2017 übernommene Schweizer Schutzgerätemarke NSE sowie die im April 2017 integrierte Firma Mauell Netzleittechnik aus Velbert.
Schneider Electric
Als großer Player im Bereich der Schutz- und Leittechnik hat Schneider Electric natürlich auch einen großzügigen Messestand. Wie bereits bei den vorgestellten Herstellern ist auch hier die Schutztechnik nur untergeordnet vertreten. Nachdem Schneider Electric vor ein paar Jahren ihre "neue" P30 Serie mit besserem Prozessor und aktuellerem Netzteil vorgestellt hatte und sich viele fragten:
Was ist daran eigentlich neu?
wurde nun endlich eine wirklich wesentliche Neuerung präsentiert.
Für den internationalen Markt wird die kompakte P5-Serie, welche speziell für die Mittelspannung konzipiert ist, neu eingeführt. Dabei werden zwei verschiedene Gehäusevarianten angeboten. Die Geräte erscheinen in einem komplett neuen Frontdesign, lassen sich mit einem eingebauten Lichtbogenschutz konfigurieren und sind ab sofort lieferbar. Das neue Frontdesign soll auch bei den P30-Geräten Einzug halten. Einen schönen Eindruck erhaltet ihr im folgenden Produktvideo des Herstellers (englisch).
Das absolute Highlight der P5-Serie aus unserer Sicht: Die Geräte lassen sich nach Umlegung des grünen Griffes aus dem Gehäuse ziehen, ohne das die Stromkreise geöffnet werden. Da die Parameterdatei des Gerätes im Gehäuse gespeichert wird, werden sämtliche Einstellparameter auf ein neu eingeschobenes Austauschgerät übertragen. Klasse.
Exklusiv präsentierte Schneider ein P139 mit einer neuen Front-Bedieneinheit mit großem Farb-Display, diversen Funktionstasten und USB Anschluss. Erscheinen wird das neue Bedieninterface für die Geräte P139 und P439 wahrscheinlich ab Mai. Im Herbst soll dann auch eine Version als Ersatz für die Geräte mit den 2 zeiligen Text-Displays rauskommen also zum Beispiel für das P132.
Die neue Front mit Farbdisplay bietet einige interessante Funktionen.
🌐 Praktisch ist auf jeden Fall der USB-Anschluss mit Typ 2 Buchse, welcher unserer Meinung nach zuverlässiger ist, als der Mini-USB-Anschluss, den die kleinen P5-Geräte besitzen.
🌐 Der Ort-Fern-Taster hat ein neues Logo bekommen, ebenso die Quittiertaste. Eine neu eingeführte Hometaste soll ab sofort immer zurück auf die Startseite führen, was in unserem Test vor Ort noch nicht so richtig funktioniert hat.
🌐 Auf dem großen Display lassen sich zudem nun parallel zum Anlagen-Singelline auch mehrere Messwerte anzeigen. Diese können auf Wunsch bei Grenzwertüberschritt auch ihre Farbe ändern. Auch die Darstellung des aktuellen Schaltzustandes soll farblich hervorgehoben werden können, um beispielsweise zu erkennen ob ein Abschnitt spannungsführend oder spannungsfrei ist.
🌐 Neu sind auch 4 kontextabhängige Funktionstasten am unteren Bildschirmrand sowie die 6 Funktionstasten, welche es bei P139 und P439 bis jetzt noch nicht gab.
Leider stieß die Kreativität von Schneider Electric beim äußeren Design auf ihre Grenzen. Sobald man ins Menü geht erscheint die altbekannte 2-Zeilige Menüstruktur. Auf dem nun deutlich größeren Farbdisplay wirkt dies wie ein Schritt um Jahrzehnte zurück. Immer noch muss man sich mühselig, wie schon vor 20 Jahren, mit gefühlt hunderten von Tastendrücken durch die Menüs hangeln. Es ist zwar verständlich das ein Festhalten an der bestehenden Menüstruktur für Anwender mit jahrelanger Erfahrung durchaus praktisch sein kann, aber man hätte genauso auch eine Baumstruktur wie im Easergy Studio implementieren können. Noch ist die Entwicklung nicht ganz abgeschlossen und vielleicht wird bis zum offiziellen Release ja auch noch ein überarbeitetes Menü-Design implementiert.
Wir freuen uns auf jeden Fall schon auf die ersten Anlagen mit den nun endlich„ wirklich neuen“ Geräten.
Omicron
Omicron setzt derzeit mit dem StationScout Maßstäbe für die Inbetriebsetzung und Prüfung von IEC61850 Schaltanlagen. Nachdem das Thema Cyber Security immer wichtiger wird, liefert der StationScout von Omicron die passende Antwort auf die Frage der Sicherheit.
Da es sich hierbei um sehr spannende Themen handelt veröffentlichen wir hierzu in den nächsten Tagen separate Artikel.
Wir freuen uns bereits jetzt auf die Omicron Anwendertagung welche dieses Jahr vom 04. bis 06. Juni im Kongress Palais Kassel stattfinden wird. Für alle die nicht dabei sein können:
Wir werden wieder ausführlich berichten!