May 5, 2020
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Wandler

Die Erdschlusswicklung unter der Lupe

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ERZlich Willkommen, liebe Freunde der elektrischen Schutz- und Leittechnik. In seinem neuen Beitrag erklärt uns Roland Bürger von der MBS AG die wesentlichen Details der Dreieckswicklung. Viel Spaß beim Lesen, wir übergeben:

Die Erdschlusswicklung unter der Lupe

In der überwiegenden Anzahl der Mittelspannungsmessfelder werden einpolige Spannungswandler verbaut. Während die Messwicklungen hauptsächlich für Verrechnungs- und Power Quality-Messungen vorgesehen sind, kann mit den drei in Reihe geschalteten da-dn-Wicklungen die √3-fache Nullspannung (100 V) gemessen werden.

Würden wir die Messwicklungen ebenfalls in einer Reihen- anstatt in der üblichen Sternschaltung zusammen schalten, könnte ebenfalls ein Abbild der Nullspannung gemessen werden. Hier würde sich allerdings im satten Erdschluss eine Spannung von 173,2 V ergeben. Die da-dn-Wicklung wird in der Regel mit einer Nennspannung von 100 / 3 Volt ausgeführt, so dass sich im satten Erdschlussfall eine Spannung von 100 V ergibt. Neben der Messung der √3-fachen Nullspannung können mit einem Dämpfungswiderstand ebenfalls Ferroresonanzen gedämpft werden.

In der folgenden Abbildung ist eine komplette Messwandler-Schaltung abgebildet. Bei der Reihenschaltung der da-dn-Wicklung wird betreiberabhängig entweder die Klemme „da“ der ersten Wicklung oder die Klemme „dn“ der letzten Wicklung geerdet.

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Abbildung 1: Verschaltungsskizze eines einpoligen Spannungswandlers mit Dämpfungswiderstand in der da-dn-Wicklung

Ein Blick in die aktuelle Spannungswandlernorm DIN EN 61869-3 erklärt unter Punkt 5.5.304 Thermische Bemessungsgrenzleistung für Wicklungen zur Erdschlusserfassung

Die thermische Bemessungsgrenzleistung der Wicklung zur Erdschlusserfassung muss in Voltampere angegeben werden; Normwerte sind 25 VA, 50 VA, 100 VA und deren dezimale Vielfache, bezogen auf die sekundäre Bemessungsspannung und einen Leistungsfaktor von 1.

Es stellt sich nun aber die Frage wie hoch der maximal fließende Strom in Bezug auf die Bemessungsgrenzleistung ist. Dieser Wert ist entscheidend, um die Verlustleistungen des Dämpfungswiderstandes berechnen, und den Widerstand entsprechend auswählen zu können. Angenommen wird ein Spannungswandler mit folgendem Übersetzungsverhältnis:

🌐 Primärspannung (A-N): 20.000 / √3 V
🌐 Sekundärspannung (a-n): 100 / √3 V
🌐 Wicklung zur Erdschlusserfassung (da-dn): 100 / 3 V

Primärseitig werden die Spannungswandler im Stern mit geerdetem Sternpunkt verschaltet.

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Abbildung 2: Leiter-Leiter und Leiter-Erde-Spannungen des dreiphasigen Mittelspannungsnetzes

Am einpoligen Spannungswandler fallen die Leiter-Erde-Spannungen des isolierten Netzes ab. Dazu werden die Leiter-Leiter-Spannungen Upp durch den Faktor √3 geteilt. Dieser Wert entspricht ebenfalls der primären Nennspannung des Spannungswandlers (primary rated voltage) Upr = 20 / √3 kV. Diese Spannung wird zwischen den beiden Primäranschlüssen "A" und "N" abgespannt. "N" wird dabei auf Erdpotential gelegt. Die drei Phasen sind wie üblich um 120° verschoben.

Während die sekundären Messwicklungen wie die Primärwicklungen des Spannungswandlers im Stern verschaltet werden, werden die da-dn-Wicklungen in Reihe geschaltet. Dadurch ergibt sich eine geometrische Zeigeraddition, welche zu Innenwinkeln von jeweils 60° führt. Im symmetrischen Betrieb ergibt das die Summe von 0 Volt. Die Amplituden- und Phasenfehler der Wandler sowie Unsymmetrien auf der Primärseite des Netzes bewirken überschaubare Abweichungen von Null.

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Abbildung 3: Dreieck-Schaltung der da-dn Wicklung im symmetrischen Netzbetrieb

Jeder Wandler stellt im Nennbetrieb eine Spannung von 100 / 3 Volt an den Klemmen da-dn bereit. Es bildet sich ein gleichseitiges Dreieck aus. Am angeschlossenen Dämpfungswiderstand liegt nahezu keine Spannung an.

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Abbildung 4: da-dn-Wicklung mit Dämpfungswiderstand

Lediglich kleine Unsymmetrien im Netz führen zu nicht nennenswerten Spannungen von unterhalb 10 V. Liegt nun ein satter Erdschluss auf der Phase L1 an, verändern sich die einzelnen Phasenspannungen wie folgt:

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Abbildung 5: Erdschluss auf L1 - Die anliegende Spannung an den Spannungswandlern 2 und 3 wachsen auf die Leiter-Leiter-Spannung des Netzes an

Die Spannung an L1 bricht auf 0 Volt ein. Der Sternpunkt der drei Phasen wandert aus der Mitte des Dreiecks direkt auf die Phase L1. Die Nullsystemspannung beträgt jetzt 20 / √3  kV bzw. 100 / √3 V. Die Leiter-Erde-Spannung an Phase L1 entspricht dem Wert 0 Volt. Am Spannungswandler 1 kann keine Spannung mehr abfallen, da der Sternpunkt der Wandler an „N“ ebenfalls auf Erdpotenzial liegt. Der Sternpunkt wandert aus dem Mittelpunkt des Dreiecks heraus auf L1. An den Spannungswandlern 2 (VT 2) und 3 (VT 3) wird jetzt auf der Primärseite eine um den Faktor √3 größere Spannung abgespannt. Gleichzeitig verringert sich der Phasenversatz von L2 zu L3 von 120 ° auf 60°.

In den Messwicklungen auf der Sekundärseite ergibt sich folgendes Bild.

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Abbildung 6: Idealisiertes Oszilloskopbild der Messwicklungen vor und während des Erdschlusses auf L1

Entsprechend der um √3-größeren Primärspannungen steigen die Sekundärspannungen an L2 und L3 ebenfalls um den gleichen Faktor an. Auch der geringere Phasenversatz von nur 60° (3,33 ms) zwischen L2 und L3 ist in der Abbildung 6 erkennbar.

An der da-dn-Wicklung von Spannungswandler 1 liegen aufgrund des Erdschlusses an L1, wie auch bei der Messwicklung, 0 Volt an. Die Spannungen an den da-dn-Klemmen der Spannungswandler 2 und 3 erhöhen sich wie die Spannungen der herkömmlichen Messwicklungen um den Faktor √3 auf jeweils 100 / 3 × √3 = 57,74 V  und ihre Winkel verschieben sich jeweils um 30°. Die geometrische Summe von VT 2 und VT 3 an den da-dn-Klemmen ergibt jetzt 100 V.

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Abbildung 7: Spannungen der da-dn-Wicklung bei einem satten Erdschluss auf L1

An dem Dämpfungswiderstand an den da-dn-Klemmen liegen nun 100 Volt an.

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Abbildung 8: 100 V Spannung am Dämpfungswiderstand bei einem Kurzschluss auf L1

Um dem erlaubten Toleranzband hinsichtlich der Netzspannung Rechnung zu tragen, wird normativ nicht mit einer Spannungserhöhung von √3 gerechnet, sondern es wird der Faktor 1,9 verwendet. Unter zur Hilfenahme der trigonometrischen Funktionen kann jetzt rechnerisch die maximale Spannung am Dämpfungswiderstand errechnet werden.

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In der Regel werden Widerstände mit einem Wert von 20 bis 25 Ohm eingesetzt. Dies führt uns zum maximal fließenden Strom in der Dreieckschaltung.

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Die Bemessungsgrenzleistung errechnet sich jetzt mit der Formel P = U × I. Die Spannung beträgt im Nennbetrieb 100 / 3 V. Der im Erdschlussfall und nicht im Nennbetrieb fließende Maximalstrom von 5,5 A muss aber noch durch den Faktor 1,9 bereinigt werden, da die Bemessungsgrenzleistung in Bezug auf die Nennwerte im fehlerfreien Betrieb definiert wird.

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Oftmals ist diese Herleitung nicht immer sofort verständlich. Es wird ein Beweis verlangt.

In der aktuellen Norm IEC 61869-3 für induktive Spannungswandler ist hinsichtlich der Berechnung der thermischen Bemessungsgrenzleistung für Wicklungen zur Erdschlusserfassung unter Punkt 5.5.304 keinerlei Angabe über die rechnerische Herleitung zu finden. In der Vorgängernorm DIN EN 60044-2 wird man aber fündig. Hier gibt es einen nachgereichten Hinweis zu dem Punkt 13.4.2 "Thermische Bemessungs-Grenzleistung". Es wird ein Rechenbeispiel angeführt, das mit unserem errechneten Wert von 5,5 A sich folgendermaßen darstellt.

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Dem Leser bleibt überlassen welche Herleitung er als verständlicher erachtet.

Ist auf dem Leistungsschild des Spannungswandlers die thermische Bemessungsgrenzleistung (z. B. 100 VA) angegeben, kann folgendermaßen auf den maximal zulässigen Strom in den da-dn-Wicklungen im Erdschlussfall zurückgerechnet werden.

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Jetzt kann der Widerstand dimensioniert werden. Die maximal auftretenden Wattverluste am 20 Ohm Widerstand lauten wie folgt.

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Es ist noch zu erwähnen, dass die Bemessungsgrenzleistung einer Wicklung zur Erdschlusserfassung auf eine Dauer von 8 h gemäß Normung bezogen sein sollte. In Deutschland gibt es bereits EVUs, die die Bemessungszeit auf 24 Stunden erweitert haben. Dies ist durch den Wandlerhersteller unbedingt bei der Auslegung zu berücksichtigen.

In einigen Messfeldern in der Mittelspannung werden parallel zum Dämpfungswiderstand zusätzlich Drosseln geschaltet, die die Dämpfungsleistung im Ferroresonanzfall erhöhen können. Die MBS Spannungswandler werden standardmäßig mit abgesenktem Arbeitspunkt ausgeführt, so ist die Wahrscheinlichkeit, dass Spannungstransienten während der Einschwingvorgänge im Erdschluss bzw. beim Beenden des Erdschlusses den Sättigungsbereich des Eisenkerns tangieren sehr gering. Bei der MBS AG wurden bis heute keine Wandlerschäden durch Ferroresonanzen dokumentiert. Diese Strategie wird somit beibehalten.

HERZlichen Dank Roland

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