ERZlich Willkommen liebe Freunde der Schutz-, Leit- und Elektrotechnik. In unserem heutigen Beitrag zeigen wir Euch die 5 größten Fehler bei der Sekundärschutzprüfung. Viel Spaß beim Sehen / Lesen und viel Erfolg.
Euer SCHUTZTECHNIK-TEAM
(Lesebeitrag unter dem Video)
Fehler 1: Arbeitssicherheit
Der erste und mit Abstand allergrößte Fehler ist es, Kompromisse hinsichtlich der Arbeitssicherheit zu machen. Es handelt sich hierbei glücklicherweise nicht um den häufigsten, aber mit Abstand um den folgenschwersten Fehler. Bei der Sekundärschutzprüfung speisen wir Ströme und Spannungen in die sekundären Kreise der Schutzgeräte ein. Ein wesentlicher Punkt ist es hierbei, zwingend die Rückspeisung in die Primäranlage zu vermeiden und generell nur zu prüfen, wenn alle Arbeiten an der Anlage abgeschlossen sind. Die Einhaltung der 5 Sicherheitsregeln also,
🌐 Freischalten,
🌐 gegen Wiedereinschalten sichern,
🌐 Spannungsfreiheit feststellen,
🌐 erden und kurzschließen,
🌐 benachbarte, unter Spannung stehende Teile abdecken oder abschranken,
müssen wir immer über die Durchführung der aktuellen Arbeitsaufgabe stellen.
Fehler 2: Potenzialfrei triggern
Der zweite große Fehler bei der Sekundärschutzprüfung, welcher in der Praxis immer wieder für Spaß sorgt, ist das Abtriggern mit potenzialfreien Kontakten. Auch wenn es immer wieder Situationen geben wird, bei denen potenzialfrei getriggert werden muss, so sollte klar sein: Die Prüfung mit einer verbindlichen Spannung schafft klare Verhältnisse und wir haben definitiv die besseren Triggerbedingungen. Die potenzialfreie Prüfung hingegen, tendiert in der Praxis dazu, undefinierte Signale zu liefern, die selbst gestandene Schutzprüfer in den Wahnsinn treiben können. Also: "Mit Saft prüft's sich besser".
Fehler 3: Ausklemmen
Damit kommen wir auch schon zum dritten Fehler im Bunde: das Ausklemmen von Adern. Auch hier gilt, dass es praktisch nicht immer möglich ist, auf das Ausklemmen von Adern zu verzichten. Klar sollte allerdings sein, dass es in jedem Fall besser ist, die bestehende Anlageninstallation zu prüfen und nicht ein prüftechnisch adaptiertes Abbild der Anlage zu untersuchen. Sollte es dennoch nicht vermeidbar sein, eine oder mehrere Adern auszuklemmen, so ist dies im spannungsfreien Zustand und unter Einhaltung der 5 Sicherheitsregeln vorzunehmen und die Aderenden sind mit konischen Isoliertüllen gegen Berührung zu sichern. Die Adern werden nach der Prüfung wieder unter Beachtung der 5 Sicherheitsregeln eingeklemmt und die betreffende Funktionalität dieser Adern ist zusätzlich zu prüfen. Wenn die betreffenden Adern nach erfolgter und vermeintlich erfolgreicher Prüfung so wie in der Abbildung hinterlassen werden, dann kann man wohl sagen:
"Operation gelungen, Patient tot".

Prüfklemmleisten bieten eine sehr gute Lösung, vorausgesetzt sie wurden von einem Planer mit prüftechnischem Weitblick und mit hinreichendem Budget projektiert. Aber Achtung, auch hier gilt: Veränderbare Prüfklemmleisten sind nach abgeschlossener Prüfung wieder in ihre Betriebsstellung zu zurückzubringen. Es wäre nicht das erste Mal, dass wir eine Anlage mit kurzgeschlossenen Stromwandlern an der Prüfklemme vorfinden. Empfehlenswert sind Prüfklemmleisten der Firma PHOENIX CONTACT.

Fehler 4: Parameter ändern
Ein weiterer großer Fehler bei der Sekundärschutzprüfung ist es, die Schutzgeräte im Rahmen des Prüfprozesses umzuparametrieren. Jeder kennt es, man möchte Schutzfunktion A prüfen und Funktion B spuckt einem in die Suppe. Ein klassisches Beispiel ist hier der störende Differentialschutz bei der Prüfung des Reserve-UMZ-Schutzes. Schnell ist man hier dabei, die störende Funktion temporär lahmzulegen und es gibt Fälle, in denen es auch wirklich gar nicht anders geht. Das Problem dabei ist allerdings, dass die immer komplexer werdenden digitalen Schutzgeräte mit einer Vielzahl an Funktion daher kommen und es nicht auszuschließen ist, dass die Änderung von Parametern Spuren hinterlässt. Zudem kommt es in der Praxis immer wieder vor, dass vergessen wird, entsprechende Parameter wieder auf ihre Projektwerte zurückzuführen. Auch hier kann nur eine prüforientierte Projektierung Abhilfe schaffen, zum Beispiel über die Rangierung selektiver Ausgangskreise für das differenzierte Abtriggern von Funktion, die sich überlagern.
Fehler 5: LS-Aus vergessen
Wir kommen zu unserem fünften großen Fehler. Hierbei handelt es sich um den wichtigsten Punkt der Sekundärschutzprüfung, und zwar der heißen Auslöseprüfung auf den oder die Leistungsschalter. Nur mit diesem finalen Prüfschritt können wir überhaupt nachweisen, dass die gesamte Kette unseres Schutzsystems ordnungsgemäß funktioniert. Zu diesem Zweck lasst Ihr Euch einfach den Leistungsschalter einschalten und regt dann am besten eine Schutzfunktion durch Sekundäreinspeisung an, z.B. den UMZ- oder Diffschutz, um dann die hoffentlich erfolgreiche Auslösung aller vorhandenen Schalter und Auslösesenken im Prüfprotokoll zu dokumentieren. Was könnte hier nun der Fehler an dieser Prüfung sein? Ganz einfach, es wäre ein großer Fehler diese heiße Auslöseprüfung nicht am Ende jeder Sekundärschutzprüfung durchzuführen.
Das waren unsere 5 größten Fehler bei Sekundärschutzprüfungen. Wenn Ihr weitere Fehler kennt, auf die Ihr unser Netzwerk aufmerksam machen möchtet, dann schreibt es uns bitte in die Kommentare.
In diesem Sinne, vielen Dank für's reinschauen,
HERZliche Grüsse und bis bald!
Euer SCHUTZTECHNIK-TEAM
Weitere wichtige Informationen zur Prüfung von Schutzsystemen erhaltet Ihr in unseren Vor-Ort-Trainings: "Parametrierung und Prüfung von Schutzsystemen" im November 2023 in Burg / Spreewald.
